Andrea Schremser (58) ist das, was man als Powerfrau bezeichnet. Sie ist von Beruf angelernte Weberin und die Betriebsratsvorsitzende des Arbeiterbetriebsrats des Andritz-Werks in Gloggnitz. Sie vertritt die Interessen von 390 Mitarbeiter*innen, die meisten davon Männer.
Seit 1988 ist sie im Betrieb beschäftigt, seit 1992 ist sie als Betriebsrätin aktiv und seit 2021 ist sie als von den AK-Mitgliedern gewählte Kammerrätin auch Vorsitzende des frauenpolitischen Ausschusses der AK Niederösterreich. Als Betriebsrätin ist sie freigestellt, damit sie sich um die Anliegen ihrer Kolleginnen und Kollegen kümmern kann.
Bei so einer großen Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es viele Fragen und Anliegen, die sie mit ihrem Team behandelt. Mitarbeiter*innen gehen in Pension, andere erkundigen sich zum Thema Elternteilzeit oder brauchen Rat und Hilfe, wenn es ums Thema Schwerarbeit geht. „Ohne Freistellung wäre das kaum machbar. Ich habe aber auch ein tolles Betriebsratsteam, das mich unterstützt.“ Dazu kommen Termine mit der Geschäftsführung und Aufsichtsratssitzungen, wo Andrea Schremser die Interessen der Belegschaft vertritt und einbringt.
In ihrer Tätigkeit als Kammerrätin und Vorsitzende des frauenpolitischen Ausschusses der AK Niederösterreich arbeitet sie sehr intensiv mit den Expertinnen der Abteilung Frauenpolitik zusammen. „Wir erarbeiten im Ausschuss frauen- und gesellschaftspolitische Resolutionen und interessenpolitische Standpunkte, die wir in der AK Niederösterreich-Vollversammlung beschließen und die sich an die Regierungen im Bund und Land richten. Dazu nutzen wir als Grundlage Studien und Umfragen der AK und des ÖGB, Berichte und Erfahrungen aus den Betrieben und Gesprächen mit den Beschäftigten.“ Der Ausschuss tagt viermal jährlich und wird von der Abteilung Frauenpolitik der AK Niederösterreich betreut.
Andrea Schremser ist selbstbewusst. Das war sie schon immer. Als Jugendliche hat sie Technik sehr interessiert. Sie wollte Werkstoffprüferin werden und eine Lehre für diesen Beruf machen. Doch Anfang der 1980er-Jahre war es für junge Frauen wie Andrea Schremser schwierig, einen Lehrstelle in einem technischen Beruf zu finden. „Frauen waren damals in technischen Berufen noch nicht gern gesehen.“ Die Gesellschaft war noch nicht so weit. Weil sie keine Lehrstelle als Werkstoffprüferin fand, absolvierte die Wimpassingerin eine Lehre als Einzelhandelskauffrau. Nach der Lehre arbeitete sie aber in der Gastronomie, lernte ihren Mann kennen und wurde Mutter. Nach ihrer Karenz begann sie 1988 in Gloggnitz bei der Firma Huyck.Wangner, die später von der Andritz AG übernommen worden ist, als angelernte Weberin zu arbeiten. Dort wurden unter anderem anwendungsspezifische Filze und Siebe zum überwiegenden Einsatzbereich in der Papierindustrie hergestellt.
„Der Job hat mir sehr gefallen. Es war laut und technisch. Ich habe mir immer zum Ziel gesetzt, auf meiner Maschine ein qualitätsvolles Produkt zu erstellen. Ich war eine der wenigen Frauen, die damals als Weberin in der Firma arbeiteten. Auf neun Männer kam eine Frau.“ Und weil sie sich oft für andere Kolleginnen und Kollegen eingesetzt hat, und wegen ihres selbstbewussten Auftretens ist 1992 eine Betriebsrätin auf sie aufmerksam geworden und hat sie gefragt, ob sie nicht auch Betriebsrätin werden möchte. Es dauerte nicht lange, bis Andrea Schremser im Betriebsratsteam selbst aktiv wurde, die Gewerkschaftsschule und Betriebsratsfortbildungen absolvierte.
Ohne die Unterstützung ihrer Schwiegermutter in Pension wäre es ihr aber kaum möglich gewesen, Arbeit, Fortbildungen und Kinderbetreuung zu vereinbaren. Ihr Mann war Gendarm, der Dienstplan ließ ihm keine Möglichkeit, sich um die Kinderbetreuung zu kümmern. Einen Kindergarten gab es nur am Vormittag von 8 bis 12 Uhr. Es war nicht einfach, aber Andrea Schremser hat nie aufgegeben, das zu tun, was sie wollte: „Es ist wichtig, dass wir Frauen selbstständig bleiben, niemals aufgeben und auch lernen, Hilfe anzunehmen.“
Was die Zukunft betrifft, ist für Andrea Schremser schon eines klar: „Bis zum letzten Tag meiner Tätigkeit werde ich nicht aufgeben, mich für die Leute einzusetzen. Und wenn ich in Pension gehe, werde ich mich sicherlich weiter für die Pensionistinnen und Pensionisten im Land engagieren.“