Gerda Schilcher, Vizepräsidentin der AK Niederösterreich © Mario Scheichel, AK Niederösterreich






Die Vizepräsidentin

Gerda Schilcher ist Vizepräsidentin der AK Niederösterreich und Betriebsrätin im Universitätsklinikum St. Pölten.

Medizinisch-technische Fachassistentin, Betriebsrätin und AK-Vizepräsidentin

Gerda Schilcher (59) ist Vizepräsidentin der AK Niederösterreich und Betriebsrätin im Universitätsklinikum St. Pölten. Als Jugendliche wollte sie zwar Modefotografin werden und hat sogar ein Jahr lang eine Lehre als Fotografin absolviert. Geworden ist sie schließlich Diplomierte medizinisch-technische Fachassistentin. Ihre Berufskarriere begann sie 1984 im damaligen Zentralröntgen des Gemeindekrankenhauses St. Pölten, dem heutigen Klinischen Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum St. Pölten, zu arbeiten. „Immerhin ist röntgen ja auch irgendwie fotografieren“, verrät sie mit einem Augenzwinkern. 

Leben retten ist ein unglaublich tolles Gefühl

Dabei hat ihre neue Berufswahl doch einen ziemlich ernsten Hintergrund gehabt. „Aufgrund eines Motorradunfalles habe ich sehr viel vom Lehrjahr als Fotografin versäumt und konnte nach dem Unfall die Lehre nicht gleich fortsetzen. Ich nahm deshalb eine Berufsberatung in Anspruch, wo mein Interesse für den Beruf der Diplomierten medizinisch-technischen Fachassistentin geweckt wurde. Der Beruf umfasst ja nicht nur Lungenröntgen – oder wie wir sagen ´Thorax Schießen` - sondern auch Tomografie, Ultraschall, Angiografie, wo durch Punktion einer Schlagader oder des Venensystems und mithilfe eines Kontrastmittels das gesamte Gefäßsystem des Körpers dargestellt werden kann, bis hin zur interventionellen Therapie.“

Gerda Schilcher hat ihr Beruf erfüllt, weil sie nicht nur einmal Menschenleben gerettet hat: „Wenn du vom Angio-Tisch weggehst und du warst daran beteiligt, einem Menschen das Leben zu retten, dann ist das schon ein unglaublich tolles Gefühl!“

Später in ihrer Berufskarriere hat Gerda Schilcher das Fach Angiografie auch an der Schule unterrichtet und ihr Wissen an den Nachwuchs weitergegeben. Aber es ist natürlich nicht nur das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, oder das Gefühl der Selbstverwirklichung, das die Arbeit für Gerda Schilcher bedeutet. „Für mich ist und bleibt Arbeit immer wirtschaftliche Unabhängigkeit.“

Herausforderung Beruf und Familie

Der berufliche Weg von Gerda Schilcher wurde durch die Karenz nach der Geburt ihres Kindes unterbrochen. „Ich war eineinhalb Jahre daheim, ein halbes Jahr davon unbezahlt! Karenzgeld war ja damals auf ein Jahr begrenzt! Die Ersparnisse von mir und meinem Mann gingen wegen des Einkommensverlusts drauf für Miete, Versicherungen, weil die Lebenshaltungskosten sind natürlich gleich hoch geblieben.“

Als sie wieder in den Job zurückgekehrt ist, übernahm die Kinderbetreuung zuerst eine Tagesmutter, später dann bekam sie für ihr Kind einen Platz im Betriebskindergarten des Krankenhauses. „Das war damals ziemlich teuer, jedoch super von den Öffnungszeiten!“ Später besuchte das Kind eine Ganztagesschule in St. Pölten.

Den Spagat zwischen Familie und Beruf zu schaffen, das war schon eine Herausforderung. Mein Mann hatte beruflich viele Nachtdienste und ich Rufbereitschaftsdienste. Ohne sorgfältige Dienstplanung hätten wir das nicht geschafft.“

Nicht müde werden und für unsere Ziele kämpfen

Seit 1992 ist Gerda Schilcher schon als Interessenvertreterin im Betrieb aktiv. Damals hat sie begonnen, sich in der in der Personalvertretung des Krankenhauses zu engagieren. Seit 2013 ist sie freigestellte Betriebsratsvorsitzende-Stellvertreterin und seit 2017 Vizepräsidentin der AK Niederösterreich. „Fairness und Gerechtigkeit waren mir schon immer ein großes Anliegen. Und klar, oft war es stressig, Arbeit, Betriebsratstätigkeit und meine Funktion als Interessenvertreterin unter einen Hut zu bringen. Raus aus dem Krankenhaus oder dem Büro, schnell zuhause umziehen, wieder rein ins Auto und zum nächsten Termin oft bis spät abends und natürlich auch am Wochenende. Dazwischen auch Sitzungen und Konferenzen, Besprechungen. Und Hausarbeit ist natürlich auch zu erledigen -  aufgeteilt zwischen meinem Mann und mir.“

Gerda Schilcher erzählt auch, dass sie sehr oft von Frauen gefragt wird, was denn ihr Mann dazu sagt, dass sie fast nie daheim ist. „Meine Standardantwort ist dann immer: Stellst du diese Frage auch einem Mann in der gleichen Position?“

Für Gerda Schilcher ist noch einiges zu tun, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen. „Es ist ja kaum zu glauben, dass Frauen bis 1975 noch die Zustimmung ihres Mannes brauchten, um arbeiten zu dürfen! Heutzutage haben wir andere Problembereiche: In Österreich gibt es noch immer einen der größten geschlechterspezifischen Lohnunterschiede innerhalb der EU. Die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit ist ungerecht, da Letztere vor allem von Frauen verrichtet wird! Es sind hauptsächlich Frauen, die Teilzeit arbeiten. Die Altersarmut bei Frauen ist damit vorprogrammiert. Deshalb müssen wir auch endlich raus aus der Teilzeitfalle und dürfen nicht müde werden, für das zu kämpfen, was wir erreichen wollen!“