„Man darf niemals vergessen, für wen man da ist!“ Das ist eine der Grundregeln, nach denen Michaela Schön (53), bislang erste und noch einzige Regionalvorsitzende des ÖGB in Niederösterreich, lebt und arbeitet. Die gelernte Werkzeugmacherin und gewählte AK-Kammerrätin war schon immer eine Vorreiterin. Sie gehörte zu den ersten fünf Frauen, die 1992 im zweiten Bildungsweg beim beruflichen Bildungszentrum Waldviertel (BBZ) des bfi Niederösterreich die Lehrausbildung in ihrem Beruf absolviert hat.
Seit 27 Jahren arbeitet sie bei der Firma Pollmann in Karlstein und stellt auf ihrer computergestützten Flächenschleifmaschine täglich für die Autoteile-Produktion benötigte Zwischenteile her. Dort ist sie auch stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der Arbeiter*innen. Wenn man mit ihr durch die Hallen des großen Autozulieferbetriebs mit rund 500 Beschäftigten geht, merkt man schnell: Jeder kennt sie und schätzt sie und ihren Waldviertler Schmäh. Jeder spürt, dass sie da ist.
Facharbeiterin, Betriebsrätin und gewerkschaftlich engagiert zu sein bedeutet viel Arbeit auch in der Freizeit. Woher nimmt man die Motivation? „Ich war schon immer ein sozialer Mensch und konnte Ungerechtigkeiten nicht ausstehen. Als Betriebsrätin musst du ein Mensch sein und hinter deinen Kolleginnen und Kollegen stehen. Aber gleichzeitig bin ich so erzogen worden, dass man streiten kann und soll, aber dass man sich am nächsten Tag wieder die Hand reicht.“ Das erklärt auch die zweite Grundregel, nach der Michaela Schön handelt: „Jeden Tag nur einem Menschen helfen zu können reicht schon, um die Welt besser zu machen!“
Dabei wollte sie als junge Frau zunächst Kellnerin werden. Sie begann eine Lehrausbildung in Wien, brach diese aber nach dem Tod ihrer Mutter ab und kehrte wieder ins Waldviertel zurück, wo sie sich mit ihrem Partner um eine Landwirtschaft kümmerte.
Nach der Geburt ihrer Tochter arbeitete sie eine Zeit lang als Hilfsarbeiterin in einem Betrieb in Schwarzenau. „Ich wollte dann aber unbedingt einen Lehrabschluss machen, um auch als Frau gut zu verdienen. Weil mich die Arbeit mit verschiedenen Werkstoffen interessiert hat, habe ich im zweiten Bildungsweg die Lehre zur Werkzeugmacherin nachgeholt.“
In den 90er-Jahren war es dennoch nicht einfach, einen Job in meinem Beruf zu finden, weil viele Firmen skeptisch im Hinblick auf die Beschäftigung von Frauen in einem technischen Beruf waren. „In einer Firma wurde ich tatsächlich mit Puppi angeredet!“ Sie probierte ein paar Firmen aus, arbeitete dann sogar als Waldviertlerin eineinhalb Jahre in Himberg bei Wien. „Ich hatte einen Vollzeitjob und bin nur an den Wochenenden heimgefahren. Das war eine schwere Zeit, vor allem auch, weil ich meine Tochter kaum gesehen habe, und es war auch sehr anstrengend. Die Tochter war damals vormittags im Kindergarten und wurde auch von den Schwiegereltern betreut. Anders wäre es sonst nicht gegangen.
1996 ist sie bei der Firma Pollmann eingetreten. „Das Arbeitsklima war super, der Betrieb und die Arbeit haben mir auf Anhieb gefallen.“ Rund ein Fünftel der Beschäftigten im Betrieb sind Frauen, die meisten arbeiten im Schichtbetrieb und in Vollzeit.
Michaela Schön ist sein 2008 im Betriebsrat aktiv. Davor hat sie die Gewerkschaftsschule und Betriebsratsfortbildungen absolviert. 2014 hat sie die Sozialakademie (SOZAK) erfolgreich abgeschlossen und Kenntnisse und Fähigkeiten, die für eine kompetente und effiziente Vertretung auf betrieblicher und überbetrieblicher Ebene erforderlich sind, erworben. Bei auftretenden Problemen versteht sie sich auch als Bindeglied zwischen Beschäftigten und Firmenleitung. Mit den Betriebsratsaktivitäten ging auch ein vermehrtes Engagement im ÖGB und in ihrer Fachgewerkschaft PRO-GE einher. 2022 übernahm sie als erfahrene Gewerkschafterin die Funktion der ersten Regionalvorsitzenden im ÖGB Niederösterreich.